The Surge
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BEWERTUNG |
25.05.2017 von Beef Supreme2014 hat das deutsche Entwicklerteam Deck13 mit Lords of the Fallen eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass man dem Dark-Souls-Prinzip noch einige neue Facetten abgewinnen kann und ein ziemlich wuchtiges Action-Rollenspiel inszeniert. Mit The Surge gehen sie in eine ähnliche Richtung und hieven das Gameplay in ein futuristisch-dystopisches Setting, abseits von Drachen, Schwertern und Zauberstab. Schaffen es die Frankfurter Jungs erneut, mit knallharten Kämpfen und einer druckvollen Inszenierung zu überzeugen?
Vom Rollstuhl auf’s Schlachtfeld
Die Erde in der nahen Zukunft ist ziemlich am Ende. Die Atmosphäre ist hinüber, das Überleben der Menschheit keine Selbstverständlichkeit mehr. Zum Glück gibt’s ja CREO, ein globales Unternehmen, das sich auf die Fahne geschrieben hat, den Planeten zu retten. Was für Wohltäter! Denen schließt man sich doch gerne an, dachte sich auch Warren, obwohl er an den Rollstuhl gefesselt ist. Macht aber nichts, denn nach einer fast schmerzfreien OP, bei der nur circa 20 Bolzen ohne Betäubung direkt in die Knochen und Gelenke geschraubt wurden, ist Warren nun stolzer Besitzer eines Exo-Skeletts, das ihm den aufrechten Gang erlaubt. Das Blöde daran ist nur, dass es genau während der Montage eine firmenübergreifende Fehlfunktion gab, die unter anderem dazu führte, dass Warren als Müll klassifiziert wurde. Und so landet der Spieler im Startgebiet, einer Müllkippe für fehlerhafte Maschinen und muss sich mühevoll aufs Firmengelände zurückkämpfen, denn die bereits erwähnte Fehlfunktion hat wohl dafür gesorgt, dass Mensch und Maschine allesamt komplett durchdrehen und auf alles losgehen, was sich bewegt. Unterwegs stellt man dann auch fest, dass CREO wohl doch nicht so altruistisch veranlagt ist, wie sie sich durch diese immer wieder wiederholenden PR-Videos darstellen wollen. So watet Warren auf seinem Weg über das riesige, in mehrere Gebiete unterteilte Firmengelände immer tiefer in einem Sumpf von Gier, Korruption und Lügen, um herauszufinden, warum plötzlich die Firma so verlassen ist und was mit all den Arbeitern eigentlich falsch läuft.
Einmal aufs Fressbrett, zum Mitnehmen, bitte
Anfangs rennt man noch quasi nackt, also nur mit einem „leeren“ Exo-Skelett gerüstet, durch die Lande und schlägt mit einem ausrangierten Zylinder auf träge Drohnen und zombieartige Arbeiter ein. Dabei greift man auf ein umfangreiches Move-Set aus starken und schwachen Schlägen zurück, die sich beliebig kombinieren lassen und eine reichhaltige Palette an Angriffsmöglichkeiten bereitstellen. Neue Teile für sein Exo-Skelett, die als Rüstung fungieren, findet man nicht etwa, sondern „leiht“ sie sich von seinen Feinden. Und zwar indem man sich ihrer Gliedmaßen annimmt. Jedes Teil, das man später an sich selbst sehen möchte, muss man erst einmal von den toten, blutenden Gliedern seiner Feinde schälen. So visiert man also entweder Arme, Beine, Rumpf oder Kopf an, je nachdem wonach einem gerade der modische Sinn steht, und prügelt solange drauf ein, bis es gestattet wird, dieses Körperteil in einem saftigen, brachial inszenierten Finisher abzuschlagen. Manchmal unterstützt auch eine Zeitlupe den cineastischen Anspruch und verleiht dem chirurgischen Eingriff noch mehr Druck. Sehr gelungen! Auf die gleiche Art kommt man übrigens auch an Waffen ran, man nimmt sie sich aus den abgetrennten, kalten Händen seiner Feinde.
Ein Polstersitz ist das neue Leuchtfeuer
Diese darf man nach der Leihgabe auch gleich verwenden. Bei Rüstungsteilen sieht das etwas anders aus. Im kompletten ersten Gebiet, der Müllhalde, hat man keine Möglichkeit, sich eine Rüstung zu beschaffen, da man dafür auf eine Crafting-Vorrichtung im Pausenraum zurückgreifen muss, die erst ab dem zweiten Gebiet verfügbar ist. Dort lassen sich dann Rüstungen und Waffen bauen und in 4 Stufen aufwerten. Doch dafür benötigt man Rohstoffe, also endet das lustige Körperteile-Farmen niemals, da man nur so an die Materialien herankommt, die man für die Upgrades braucht. Abseits davon findet sich in diesem Pausenraum, der als sicherer Rückzugsort gilt, auch ein bequem anmutender Sitz, der Warren heilt und sein Exo-Skelett aufleveln lässt. Als Nebeneffekt respawnen, ganz Souls-like, alle Gegner, wenn man diesen Service in Anspruch nimmt.
Lass mich dir aufs Maul hauen, damit ich dir besser aufs Maul hauen kann…
The Surge ist ein sehr kampflastiges Spiel. Das soll nicht heißen, dass die Story zu kurz kommt, doch die meiste Zeit, wie schon erwähnt, verbringt man damit, Maulschellen zu verteilen. Und zu kassieren. Die Kämpfe sind nämlich immer packend und keiner der Gegner sollte unterschätzt werden. Schon wenn man es mit mehr als nur einem Feind zu tun hat, kann die Situation ganz schnell ganz haarig werden. Unterschiedliche Gegnertypen erfordern nämlich fast immer unterschiedliches Vorgehen, was Taktik und Bewaffnung angeht. Zurückgreifen kann man dabei auf ein mannigfaltiges „Waffen“-Arsenal, bei dem sich die Entwickler redlich Mühe gegeben haben, diese als futuristische Werkzeuge zu tarnen. Ein Pluspunkt für dieses Detail. Zur Auswahl stehen 5 Waffenklassen, einhändig oder beidhändig geführt, schwere Waffen, Stäbe und doppelt geführte Waffen. Hinzu kommen noch unterschiedliche Schadenstypen, je nach Angriff. Es lohnt sich also, sich auf eine Waffengattung zu konzentrieren und das Move-Set zu lernen, da man durch die Verwendung dieser, das entsprechende Level steigert, was den Schadensoutput erhöht.
Wo bitte geht’s denn hier zum Boss?
Das Firmengelände von CREO erweist sich als erstaunlich umfangreich und weitläufig. Allein um bis ins dritte von sechs Gebieten vorzudringen, kann man gut 30 Stunden liegen lassen. Das Leveldesign ist komplex, manchmal etwas verwirrend, man verläuft sich auch gern mal, aber immer durchdacht und eröffnet nach und nach immer mehr Pfade und Abkürzungen, die man sich zunächst aber mühsam erkämpfen muss. Manche Areale können auch erst im späteren Spielverlauf betreten werden, sodass hier einiges an Backtracking angesagt ist, will man alles sehen. Die Gebiete sind auch ziemlich abwechslungsreich gestaltet, von offenem, gut erleuchtetem Gelände bis hin zu dunklen und beengten Fluren ist alles dabei. Dabei sind auch die Umgebungen abwechslungsreich und überzeugend gestaltet. Mal ein aufgeräumter Büroraum, mal eine verwüstete Fertigungshalle oder ein Gewächshaus voller giftiger Pflanzen. Die Areale bieten durchaus Abwechslung und viele verwinkelte Gänge, hinter denen sich gut Loot verstecken lässt. Oder es wartet genauso gut versteckt hinter einer Kiste ein Feind, der darauf harrt, seinen Hammer in Warrens Gesicht zu vergraben. Beim Entdecken ist also Vorsicht geboten, sonst landet man ganz schnell wieder im Pausenraum und darf alles nochmal ablaufen. Schnellreise gibt’s nämlich in The Surge nicht. Ihr wollt ins Anfangsgebiet? Dann ab, per pedes zur Bahnstation und zurück fahren. Die Weitläufigkeit kann aber auch manchmal nervig sein, weil nicht immer klar ist, wo es weiter geht. So kann es vorkommen, dass man ziellos durch die unzähligen Flure und Gänge irrt und dabei ständig an dieser einen Tür vorbei trampelt, die zum Boss führt. Wenn man auf der Suche nach Fortschritt dabei auch noch immer wieder von den gleichen Feinden verdroschen wird, da man ungeduldig wird, kann das frustrieren. Im Großen und Ganzen kann man aber festhalten, dass die Gebiete sehr ansehnlich und sinnvoll gestaltet und meist auch übersichtlich genug sind.
Technik, die begeistert
The Surge sieht richtig gut aus. Die Vielzahl an Partikeleffekten, Lasergeschosse, Flammen, Funkenflug, hier wird einiges geboten, die gerade in dunklen Fluren richtig zur Geltung kommen und schön von den metallischen Oberflächen gespiegelt werden, lassen das Bild dynamisch und höchst ansehnlich wirken. Aber auch die detaillierten Charaktermodelle und -rüstungen wissen zu überzeugen und sehen richtig schick aus. Der Detailgrad der Rüstungen ist höchst eindrucksvoll, sieht man doch jede Schramme an der Rüstung. Leider zeigt sich hier kein Abnutzungseffekt, sodass man sich irgendwann an jeder Rüstung und an jeder Waffe satt gesehen hat. Dennoch sieht man den Designs an, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat, abseits vom tausendsten Schwert was Kreatives aus der Schmiede zu zaubern. Auf der PS4-Pro steht zudem eine Option zur Verfügung, die zwischen konstanten 60fps oder einer höheren Auflösung wählen lässt. Sehr schön, dass man hier die Wahl hat. Die Framerate bleibt jederzeit stabil, auch wenn mehrere Gegner gleichzeitig in Flammen stehen. Manche Texturen hingegen sind nicht immer optimal aufgelöst, was für gelegentliche Matschoptik sorgt. Das fällt aber kaum auf, da man sowieso meistens mit Überleben beschäftigt ist. Der optische Gesamteindruck jedenfalls stimmt. Kräftige Farben, anständige Beleuchtung, hübsche Schatten, The Surge schafft es, zwar bunt aber nie kindisch zu wirken und muss Atmosphäre nicht durch eine grau-braune Farbpalette erzeugen.
Das Fazit von: Beef Supreme
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