Abenteuer im Land der Grizzlys
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BEWERTUNG |
24.04.2021 von Dan DeMento
Der aktuellen Generation ist der große Richard Harris vor allem als Albus Dumbledore bekannt, den er bis zu seinem Tod im Jahr 2002 in den ersten beiden Harry Potter Filmen verkörperte. Harris ließ ein Vermächtnis von über 70 Filmen zurück, darunter Klassiker wie Meuterei auf der Bounty oder Fräulein Smillas Gespür für Schnee. Nicht ganz so berühmt wurde Abenteuer im Land der Grizzlys, auf den wir jetzt einen prüfenden Blick geworfen haben.
Inhalt:
Harry (Richard Harris) sitzt mit seinen Enkeln am Lagerfeuer in den kanadischen Wäldern und erzählt von seinem ersten großen Abenteuer im Jahre 1913: Nach dem Tod seiner Mutter wird der kleine Harry (Daniel Clark) ins Internat gesteckt und wartet dort sehnsüchtig auf seinen Vater (Bryan Brown), der auf einer Expedition im Orient weilt. Nach Monaten taucht der endlich auf und nimmt seinen Sohn kurzerhand mit nach Kanada, um dort Grizzlybären zu fangen. Zu diesem Zweck hat er extra einen Betäubungspfeil erfunden. Leider schlägt die Jagd fehl, und während die Bärenjungen gefangen genommen werden, kehrt deren Mutter zurück und entführt Harry. Während der Junge sich langsam mit der Bärin anfreundet, macht sein schwer verletzter Vater sich auf die Suche nach seinem Sohn.
Was macht man, wenn man einen Kinderfilm drehen möchte, und dabei auf Nummer sichergehen möchte? Man siedelt ihn in "besseren Zeiten" an, als Kinder noch brav und wohlerzogen waren und ihren Vater Sir nannten. Das Ganze würzt man mit Abenteuern, Tieren, Naturaufnahmen und einer markanten Erzählerstimme. Nach diesem Konzept wurden in den 90er Jahren eine ganze Reihe Familienfilme gedreht. Bei Abenteuer im Land der Grizzlys wurde aber offenbar recht verkrampft versucht, etwas Neues zu bieten, anders lässt sich die Tarzan-inspirierte - und ziemlich an den Haaren herbeigezogene - Geschichte des Jungen, der von Bären entführt und dann ihr Freund wird, nicht erklären. Die fadenscheinige Erklärung, er würde von der Bärin als Junges wahrgenommen, wirkt dabei auch nicht sehr überzeugend.
Natürlich soll die Geschichte uns zeigen, dass aus dem naiven kleinen Jungen im Laufe des Abenteuers ein echter Mann wird. Leider gibt das Drehbuch das aber nicht her, weil der kleine Harry sich von Anfang an benimmt wie ein Erwachsener, tiefschürfende Gespräche mit dem indianischen Scout führt und so etwas wie Angst gar nicht zu kennen scheint. Sein größtes Vergehen ist es, im ersten Drittel des Filmes vom Pferd zu fallen, worauf sein heroischer Vater ihn mit Verachtung straft. Und auch die Rettungsmission des Vaters, die durchaus Gelegenheit zur Selbstreflexion bieten könnte, wird dazu nur kaum genutzt. Stattdessen poltert die Handlung recht episodisch von einer Szene zur nächsten.
Das allerdings sind Aspekte, an denen sich primär ein erwachsenes Publikum stört. Die eigentliche Zielgruppe hat mit Abenteuer im Land der Grizzlys ganz andere Probleme. In weiser Voraussicht wurde die sonst dreiköpfige Kinderjury nach einem Blick aufs Cover auf den Achtjährigen reduziert - trotz der Freigabe ab 6 Jahren. Und selbst bei ihm musste gelegentlich pädagogisch eingegriffen werden. Während die Dialoge nicht nachvollziehbar, viel zu hochtrabend und schlicht langweilig waren, verbreiteten die "Action-Szenen" mehr Angst als Spannung. So segnen schon in der ersten halben Stunde zwei Hunde und ein Expeditionsmitglied das Zeitliche und die Entscheidung, diesen Film für Sechsjährige vorzuschlagen ist ungefähr genauso nachvollziehbar, wie einen Grundschüler zu einer Bärenjagd mitzunehmen. Mit einer FSK ab 12 wäre der Film sicher besser bedient und könnte für Kinder diesen Alters auch tatsächlich spannend sein.
Lässt man aber einmal all diese Vorbehalte außen vor, gibt es doch einige Aspekte, mit denen Abenteuer im Land der Grizzlys durchaus punkten kann. Dazu zählen in erster Linie die fantastischen Natur- und Tieraufnahmen, von denen der Film natürlich hauptsächlich lebt. Gerade die Szenen mit Harry und der Bärin sind durchgehend überzeugend und man fragt sich - einmal angenommen die Macher des Films haben nicht wirklich einen kleinen Jungen mit einem ausgewachsenen Grizzly spielen lassen - oft, wie diese umgesetzt wurden. Leider enthält die DVD kein Making Of oder ähnliches, um diese Neugier zu befriedigen. Eines der Highlights in dieser Hinsicht ist eine - recht kurze - Begegnung der Bärenmutter mit einem Puma, aber auch Wölfe und anderes Getier sorgen für Spannung.
Dazu kommen auch die Schauspieler, die aus dem haarsträubenden Plot wirklich das Beste zu machen versuchen. Harry-Darsteller Daniel Clark läuft zwar offensichtlich nur da hin, wo es die Regie ihm sagt und macht auch keine sonderlich überzeugende Figur dabei, das Team aus Bryan Brown und Tom Jackson, die den Vater respektive den Scout verkörpern, funktioniert dagegen sehr gut. Das Richard Harris nur für die winzige Rahmenhandlung sowie ein paar Erzählersätze auftritt, ist eine gewaltige Verschwendung und legt die Vermutung nahe, dass hier mit einem bekannten Namen ein eher mittelmäßiger Film verkauft werden sollte.
So kann Abenteuer im Land der Grizzlys leider bis zum Schluss nicht wirklich überzeugen, weil die gesamte Story viel zu linear und flach ist, um Überraschungen oder wirkliche Spannung aufkommen zu lassen. Wer Lust auf ein paar wirklich schöne Aufnahmen von Bären und kanadischen Wäldern hat, kann einen Blick riskieren, als Familienfilm sollte man ihn aber erst dann in Betracht ziehen, wenn der Nachwuchs schon ein paar Tage älter ist und die üblichen Tom Sawyer, Winnetou und Wolfsblut-Romane - oder die entsprechenden Verfilmungen - hinter sich hat.
Details der DVD:
Das Bild ist recht verwaschen und in den dunklen Szenen gerne ein bisschen verrauscht und sieht mehr nach VHS, als nach DVD aus. Überraschend eindrucksvoll ist dagegen der Ton. Sowohl deutsche, als auch englische Fassung kommen ausgewogen aus den Boxen, haben Bass, ohne dumpf zu sein und leiern nicht. Extras gibt es leider keine.
Cover & Bilder © Studio Hamburg Enterprises GmbH Das Fazit von: Dan DeMento
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