Der Chaos-Cop
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BEWERTUNG |
09.05.2020 von Dan DeMento
Jim Cummings ist dem Kurzfilm-Freund schon länger ein Begriff, sein Markenzeichen sind Filme, die in einer einzigen Einstellung ohne Schnitte gedreht wurden. Mit dem Film Thunder Road, den Kochmedia jetzt unter dem Titel Der Chaos-Cop auf den Markt wirft, wagte er den Schritt zum Spielfilm. So viel sei verraten: Es gibt mehr als eine Einstellung. Aber hat der Film noch mehr zu bieten?
Inhalt:
Officer Jim Arnaud (Jim Cummings) ist ein hochdekorierter Polizist und das Aushängeschild seiner Abteilung. Leider hat er sein Privatleben nicht halb so gut im Griff wie seinen Beruf, was schließlich zur Scheidung von seiner Frau Rosalind (Jocelyn DeBoer) führte. Erst als er erst seine Mutter und kurz darauf das Sorgerecht an seiner Tochter Crystal (Kendal Farr) verliert, wird ihm klar, dass er seine Prioritäten überdenken sollte. Gebeutelt von Depression und kurz vor dem psychischen Zusammenbruch, versucht er alles, die Reste seines Lebens zu retten.
Bevor ich auch nur ein Wort zu dem Film an sich verliere: WAS ZUR HÖLLE hat die Verantwortlichen dazu veranlasst, dieses absurd-tragische Machwerk mit dem Titel Der Chaos-Cop und mit diesem Cover zu versehen? Der Titel lässt mich an Kevin James oder Adam Sandler denken, aber bestimmt nicht an das, was mich hier erwartet. Zudem wurde das Original (Polizist steht in Siegerpose vor dem Sarg seiner Mutter), das genau den Zwiespalt der Handlung wiederspiegelt, seltsam bearbeitet und der junge Mann stattdessen auf einen amerikanischen Highway verfrachtet. Warum auch immer. Die Zielgruppe des Films wird ihn des Covers wegen keines zweiten Blickes würdigen und diejenigen, die ihn genau dieses Covers wegen kaufen, werden ihn vermutlich hassen. Enttäuschung ist also in beiden Fällen vorprogrammiert.
Denn hassen kann man an diesem Film so einiges. Die erste Szene ist knappe 12 Minuten lang, besteht aus einer einzigen Einstellung und zeigt einen Polizisten mit Porno-Schnauzer, der auf der Beerdigung seiner Mutter ohne musikalische Begleitung einen Ausdruckstanz zu Bruce Springsteens Thunder Road aufführt.
Gerade der oben genannte arglistig getäuschte Käufer wird hier vermutlich ausschalten. Doch damit entgeht ihm so einiges, denn Thunder Road (tut mir leid, ich weigere mich, den Film anders zu nennen) ist eine vollkommen absurde Achterbahnfahrt durch die Gefühlswelt eines Mannes, der einfach nur versucht das Richtige zu tun, und von seiner Umwelt und seiner eigenen Ungeschicktheit daran gehindert wird.
Der Film springt in Sekundenbruchteilen zwischen unfassbar witzig zu herzzerreißend tragisch und wieder zurück, bleibt dabei aber vor allem eines: Sehr authentisch. Jim Cummings spielt den gescheiterten Charakter, der einfach nicht in die Welt passt, in der er sich bewegt. Er ist erfolgreicher Polizist, angestrengter Vater, gescheiterter Ehemann, schwieriger bester Freund, kurz alles, was einem in einem Leben so passieren kann. Und hat man sich als Zuschauer auf diesen Charakter eingelassen, dann ergeben auch Tänze bei Beerdigungen und Schlägereien vor Polizeistationen plötzlich absolut Sinn.
Jim Cummings ist hier nicht nur Hauptdarsteller, sondern auch Drehbuchautor und Regisseur. Diese Kombination geht bei anderen ja gerne mal in die Hose (*hust* Tom Cruise *hust*), hier ist es aber genau das Richtige: Jim Cummings LEBT die Rolle und hat sie absolut verinnerlicht. Bei aller Absurdität ist nicht ein Wort, nicht ein Wimpernschlag fehlt am Platz oder "out of character".
Thunder Road ist bestimmt nicht jedermanns Sache, aber wer ihm eine Chance gibt, hat die Möglichkeit einen echten Indie-Geheimtipp zu sehen. Klare Empfehlung!
Trotz Indie-Produktion und auch ohne Millionen-Budget macht der Film optisch wie akustisch durchaus was her, was auch auf der Blu-Ray gut zur Geltung kommt. Die deutsche Synchronfassung ist gut gemacht, was bei diesem Film durchaus eine Gratwanderung ist. Für Puristen gibt es aber natürlich auch den englischen O-Ton. An Extras bietet die Blu-ray ein Interview mit Jim Cummings sowie den (ebenfalls sehenswerten) Kurzfilm "The Robbery", der ein gutes Beispiel für die eingangs erwähnten One-Take-Kurzfilm von Cummings ist.
Cover & Bilder © Koch Films GmbH Das Fazit von: Dan DeMento |
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