Ema
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BEWERTUNG |
15.05.2021 von Dan DeMento
Für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch ist oft eine Adoption die Lösung. Doch was, wenn man mit dem Familienzuwachs dann einfach nicht klarkommt und die Adoption rückgängig machen muss? Mit dieser Prämisse spielt das chilenische Drama Ema - Und zeigt, wie man vielleicht besser nicht reagieren sollte...
Inhalt:
Die Tänzerin Ema (Mariana di Girolamo) hat ihren Choreographen Gaston (Gael García Bernal) geheiratet, schwanger konnte sie von ihm jedoch nicht werden. Daher entschlossen sie sich, den jungen Polo (Cristián Suárez) zu adoptieren. Doch Ema erkennt schnell, dass sie das schwierige Kind nicht bändigen kann und als er schließlich ihr Haus anzündet und ihre Schwester schwer verletzt, machen sie die Adoption rückgängig. Doch jetzt entstehen neue Probleme: Ihre Ehe zerbricht, in Schule wie Tanzgruppe häufen sich die negativen Reaktionen und Ema zweifelt daran, ob die Entscheidung richtig war. So fasst sie einen wahnsinnigen Plan, um ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben...
In Chile, dem Entstehungsland von Ema, ist Regisseur Pablo Larraín längst ein Star, international feierte er seinen endgültigen Durchbruch mit Jackie: Die First Lady, in dem Natalie Portman die Ehefrau von John F. Kennedy verkörpert. Nach diesem Ausflug in den Mainstream widmete sich Larraín mit Ema wieder seiner eigentlichen Handschrift und kreierte ein vielschichtiges Drama, das nicht gerade leichte Kost ist.
Ema wirft einen mitten in eine zerbrechende Familie, das Adoptivkind wurde gerade "zurückgegeben", Beziehung wie Privatleben der Hauptfigur, genial verkörpert von Mariana di Girolamo, steht vor einem gewaltigen Abgrund. Der Anfang des Films ist recht schwer zugänglich, Dialogbruchteile wechseln sich mit Tanzsequenzen und Aufnahmen einer brennenden Stadt ab, und man braucht einige Zeit, um sich in Ema hineinzufinden.
Dann allerdings nimmt der Film Fahrt auf, und auch wenn relativ schnell klar ist, wohin die Handlung führen wird, ist er doch künstlerisch wertvoll genug, um interessant zu bleiben. Verwirrende Bilder wechseln sich ab mit etwas, das man - wenn man denn verzweifelt nach einem Vergleich sucht - mit einer Art Ocean´s Eleven für Intellektuelle vergleichen könnte. Anstatt sich ihrem Schicksal und der allgemeinen Ächtung hinzugeben, ist Ema selbstbewusst, intelligent, teilweise aber auch egoistisch, herzlos und böse. Selten hat man in einem Film eine so vielschichtige weibliche Figur erleben dürfen.
Zwar sind nicht alle Entscheidungen und Gedankengänge vollkommen nachvollziehbar, und manche Elemente sind auch ein wenig an den Haaren herbeigezogen, zum Finale fügt sich aber alles zu einem zumindest größtenteils befriedigenden Gesamtbild zusammen. Doch man hat sowieso den Eindruck, dass die Story hier nur ein Gerüst liefert für die Bilder, die Pablo Larraín erzählen möchte.
Das gilt besonders für die bereits erwähnte Vielschichtigkeit der Hauptfigur, neben der dann allerdings die Mitdarsteller oft zu bloßen Stichwortgebern verkommen. Dass Elemente des Plans wie ein attraktiver Feuerwehrmann oder eine manipulierbare Notarin nur ihre Rolle erfüllen, ist verzeihlich, aber gerade bei Emas Ehemann Gaston hätte man sich ein paar Nuancen mehr erhofft. So ist er eigentlich die ganze Zeit ein beleidigtes und verletztes Würstchen, das von Ehefrau, Tanzgruppe und Sexualpartnerinnen unterdrückt und belächelt wird. Das ist schade, denn Darsteller Gael García Bernal, der schon die Hauptrolle in Die Reise des jungen Che und einen Auftritt in Babel hatte, kann definitiv mehr und wäre eigentlich ein idealer Gegenpol zu Mariana di Girolamo. Diese wiederum holt aus ihrer Rolle alles heraus. In einer Sekunde hasst, in der nächsten liebt man sie, und sie wechselt zwischen atemberaubend sexy zu tief verletzlich, als wäre es nichts. In einigen Szenen körperlicherer Natur wird zwar recht deutlich, dass ein Mann für Regie und Drehbuch verantwortlich ist, aber selbst das tut der Sache keinen Abbruch.
Denn neben interessanter Geschichte und großartigen Schauspielern sieht Ema auch einfach extrem gut aus. Jede Einstellung ist durchdacht und technisch perfekt umgesetzt. So ist der Film selbst für Leute, die mit Tanzen, Emanzipation, Adoption und um was es hier noch alles geht, gar nichts anfangen können, immer noch ein optischer Hochgenuss.
Die Mainstream-Kundschaft wird für diesen Film nicht Schlange stehen, dafür ist er einfach zu sperrig, zu speziell und zu weit abseits der hiesigen Sehgewohnheiten. Wer aber Interesse am Arthouse-Kino hat, der sollte definitiv einen Blick auf Ema werfen!
Details der Blu-ray:
Ema ist technisch auf extrem hohen Niveau, und die blaue Scheibe transportiert das perfekt. Schöne, klare, scharfe Bilder ohne Rauschen und Störungen, ein satter Sound und eine gelungene deutsche Sprachfassung. Dazu gibt es sogar noch einiges an Zusatzmaterial wie Trailer, Musikvideos und eine kurze Featurette.
Cover & Bilder © Koch Films GmbH Das Fazit von: Dan DeMento
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