Crowd-Funding ist momentan in aller Munde. Kleine Entwicklerstudios nutzen es, um sich von Publishern zu lösen, und Künstler bekommen neue Möglichkeiten, um ihre Projekte ohne große Umwege an Interessierte zu bringen. Wir haben uns damit auseinandergesetzt und uns mit Benedikt Fuhrmann getroffen. Er ist Filmemacher und Fotograf und versucht derzeit auf der Plattform Startnext mit dem Projekt „Ein Blick Iran. Ein Land, da leben Menschen“, eine multimediale Ausstellung zu finanzieren ...
Sofahelden: Hallo Benedikt. Erzähl uns ein wenig über dich. Wo kommst du her und wie bist du Filmemacher und Fotograf geworden?
Benedikt: Servus und Salam. Ich komme aus Bad Tölz. Ich hatte mal den Plan, Fotographie oder Filmregie zu studieren, aber ich habe einfach von Job zu Job mehr dazu gelernt und jetzt nach über 10 Jahren in diesem Bereich bin ich ausgelastet und mich fragt auch keiner nach einer Ausbildung. Also arbeite ich einfach fleißig weiter.
Sofahelden: Du versuchst derzeit über die Plattform Startnext, das Projekt „Ein Blick Iran“ zu finanzieren. Erzähl uns ein wenig über dein Projekt.
Benedikt: Nun, das ist ganz einfach. Nachdem ich bei vielen Galerien angefragt hatte und dort nur Absagen bekommen habe, dachte ich ans Crowd-Funding. Das bedeutet sinngemäß: Viele Menschen finanzieren etwas. Das Gute an der Sache ist, dass ich auch somit erfahre, ob sich die breite Öffentlichkeit für dieses Projekt interessiert. Wenn ja, wird sich auch am Ende der Finanzierungsphase ein Erfolg einstellen, denke ich. Und Crowd-Funding hat zwei gute Prinzipien. Erstens zählt das Alles-oder-Nichts-Prinzip. Bei meinem Projekt bedeutet das, wenn bis zum 15. Juni 50.000 € gesammelt worden sind, dann findet die Ausstellung statt, wenn nicht, dann nicht. So hat jeder, der das Projekt mit einer Summe unterstützt, auch die Sicherheit, dass sein Geld nur für diese Ausstellung verwendet wird.
Und das Zweite geniale ist, dass jeder etwas bekommt, wenn er unterstützt. Manchmal sind diese so genannten Dankeschöns echt super vom Preis-Leistungsverhältnis. Bei unserem Projekt ist meiner Meinung nach das „Servus & Salam Paket“ das beste Dankeschön. Und man kann es sogar verschenken. Also man unterstützt ein cooles Projekt und bekommt etwas.
Sofahelden: In deiner Ausstellung spielt der Iran eine zentrale Rolle. Was bedeutet dir dieses Land?
Benedikt: Mir bedeutet es viel, da ich dort über ein Jahr gelebt habe und ich wirklich immer herzlich aufgenommen wurde. Ich kann sagen, ich habe mich in dieses Land verliebt. Bevor ich einreiste, hatte ich so viele Vorurteile durch meine Prägung aus den Medien, heute ist es eines der schönsten Länder, die ich in meinem Leben bereisen durfte.
Sofahelden: Startnext ist ja praktisch die deutsche Variante der erfolgreichen Crowd-Funding-Plattform Kickstarter. Wie bist du daraufgekommen, dein Projekt direkt von der Netzgemeinde finanzieren zu lassen, und welche Vorteile bietet dir eine solche Finanzierung?
Benedikt: Draufgekommen bin ich, als ich gemerkt habe, dass eben ein klassisches Sponsoring nicht funktioniert, da viele Unternehmer einfach Berührungsängste mit dem Iran haben. Der Vorteil ist, dass ich es schnell streuen kann und jeder es auch weitererzählen kann. Es ist vollkommen kostenlos und macht eine Finanzierung möglich! Das Wichtigste ist, dass man an sein Projekt glaubt und die Begeisterung weitervermittelt. Es ist einfach ein spannender Prozess. Fast wie eBay. Ich hoffe aber, dass ich am 15. Juni, wenn die Finanzierungsfrist erreicht wird, nicht vor meinem Rechner hocke und immer noch hoffen muss, dass die Summe von 50.000 € erreicht wird.
Sofahelden: Dieses Finanzierungsprinzip ist zuletzt vor allem durch den Erfolg von Tim Schafer bekannt geworden. Er hat für sein kommendes Spiel über 3 Millionen Dollar sammeln können. Nicht wenige vermuten daher, dass sich in Zukunft die Modelle zur Vermarktung von Spielen und Filmen grundlegend ändern werden. Was denkst du darüber?
Benedikt: Ich denke sehr wohl, dass sich dies ändern wird. Nicht grundlegend, aber die Ideen, die einfach gut sind, werden auch umgesetzt durch das Prinzip von Crowd-Funding. Ich denke auch gerade darüber nach, ein kommendes Filmprojekt auch über dieses Prinzip zu finanzieren. Das tolle ist ja auch, jeder kann mitmachen, auch Unternehmer.
Sofahelden: Zuletzt hat man in den Medien des Öfteren Vorurteile darüber gehört, dass die aktuelle Generation getrieben durch die Netzgemeinde ihr Gespür für die Wertigkeit von Kunst verloren hat. Verwerter klagen darüber, dass es immer schwerer geworden sei, mit Kunst und Medien Geld zu verdienen. Haben Crowd-Funding-Plattformen wie Startnext da nicht das Potenzial, als Gegenbeweis zu dienen?
Benedikt: Ob die jüngere Generation wirklich für die Wertigkeit von Kunst das Gespür verloren hat, glaube ich nicht. Denn wer sagt uns schon, was Kunst ist? Mit Kunst und den Medien Geld zu verdienen bleibt immer einer Herausforderung. Crowd-Funding dient ausschließlich der Finanzierung von Ideen, damit diese Realität werden können, und nicht selten ist eben der Start einer Idee dann auch der finanzielle Erfolg.
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Sofahelden: Ein zentrales Element des „Crowd-Funding“ sind die „Rewards“. Sie machen aus einer einfachen Spende eine Investition. Bei deinem Projekt sind diese sehr vielfältig. Für jeden Geldbeutel ist da etwas dabei. Wie viele Gedanken hast du dir über die Zusammenstellung dieser „Dankeschöns“ gemacht?
Benedikt: Das ist echt eine Herausforderung gewesen. Man muss die Rewards gut kalkulieren, denn man möchte ja nicht alles Geld, dass man am Ende der Finanzierungszeit bekommt, für die Rewards ausgeben. Auf der anderen Seite müssen diese auch gut sein und einen echten Wert haben. Ich habe eine Woche dafür gebraucht und bin jetzt voll zufrieden. Wenn sich viele Leute diese Rewards anschauen, dann werden auch viele unterstützen, davon bin ich überzeugt. Und so gedacht: Aktuell braucht das Projekt nur noch 150 Menschen, die sich das „Servus & Salam Paket“ für 250 € selbst schenken oder es verschenken wollen. Das ist ja echt nicht die Welt.
Sofahelden: Die Finanzierung deines Projektes ist noch rund einen Monat möglich. Gehen wir mal davon aus, du schaffst es und das Projekt wird sogar überfinanziert. Was würdest du mit dem zusätzlichen Geld machen?
Benedikt: Ich gehe auch davon aus. 12.000 € sind es heute schon – weiteres Geld wird eintreffen. Eine Überfinanzierung wäre prima, denn dann könnte ich zusätzlich ein tolles Rahmenprogramm anbieten. Musiker, Lesungen etc. Außerdem soll die Ausstellung touren und je mehr Geld zusammenkommt, desto weniger benötige ich für weitere Ausstellungsräume in und um Deutschland.
Sofahelden: Danke Benedikt für deine Zeit und das aufschlussreiche Interview!
Cover & Bilder © Benedikt Fuhrmann
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