Jezabel - Sünden der Vergangenheit

Originaltitel:	Jezabel
Genre:	Thriller
Regie:	Hernán Jabes
Hauptdarsteller:	Gabriel Agüero
Laufzeit:	DVD (102 Min) • BD (107 Min)
Label:	Busch Media Group

BEWERTUNG

Eingesessen

Jezabel - Sünden der Vergangenheit 23.02.2023 von Dan DeMento

Venezuela ist nicht gerade als großes Filmexport-Land bekannt. Mit Jezabel - Sünden der Vergangenheit schafft es jetzt aber doch einmal wieder ein dort entstandener Streifen in unsere heimischen Player. Wir haben uns den südamerikanischen Thriller für euch angesehen und sagen euch, ob er einen - oder vielleicht sogar einen zweiten? - Blick wert ist.

Inhalt

Caracas, 2017 - Die Revolution ist in vollem Gange. Unten brennt die Stadt, oben auf ihrer Terrasse über den Dächern feiert eine Clique reicher Jugendlicher, bestehend aus Alain (Luis Carlos Boffill), Eli (Eliane Chipa), Loló (Johanna Juliethe) und Carmen (Skati Maal) das Leben - bevorzugt mit viel Sex und noch mehr Drogen. Doch das süße Leben ist schlagartig vorbei, als Eli grausam ermordet wird. 16 Jahre später hat Alain (jetzt: Gabriel Agüero) zwar seinen Wohlstand nicht eingebüßt, wohl aber seine Freunde von damals. Er ist inzwischen Journalist und der einzige, den er in sein Leben lässt, ist sein Kollege und anerkannter Autor Salvador Grasso (Erich Wildpret), mit dem er eine wilde Romanze unterhält. Als der beginnt, ihn zu seiner Vergangenheit und dem Mord an Eli auszufragen, kommen Alain zum ersten Mal Zweifel - war der seinerzeit verurteilte Täter, einer von Elis Lehrern, wirklich der Schuldige?

Wer sich mit der Geschichte und der politischen Lage Venezuelas nicht auskennt, wird vor allem in den ersten Minuten von Jezabel - Sünden der Vergangenheit, aber auch in einigen späteren Momenten recht verwirrt sein. So gibt es gar nicht oder allenfalls amüsiert kommentierte Straßenschlachten, ein extremes Zwei-Schichten-System, das selbst Schülern erlaubt, Lehrer aufs Aggressivste zu beschimpfen, ohne dass diese sich wehren könnten, oder halbfertige Gebäudekomplexe inmitten von Wäldern. Doch wer entweder mit der Weltpolitik vertraut oder irgendwann verwirrt genug ist, um Wikipedia zu bemühen, dem bietet der Film mindestens eine weitere Ebene, die die Hauptstory unterstützt - und in gewissen Bereichen auch erklärt.

Denn diese Story hat es in sich. Wir beginnen beinahe naiv harmlos und fühlen uns in einigen Szenen an Die Träumer oder das Frühwerk von Larry Clark erinnert: Ein attraktiver junger Mann und drei wunderschöne noch jüngere Frauen, die nackt und vor herrlicher Kulisse der Liebe in verschiedensten Konstellationen und dem Genuss diverser illegaler Substanzen frönen. In den ersten Minuten ist es kein Wunder, dass Jezabel - Sünden der Vergangenheit als Erotik-Thriller vermarktet wird, samt freizügigem Cover und entsprechendem Klappentext. Doch schon kurz darauf ändert sich der Ton des Films gewaltig und schlägt in eine Gewalt - auch visuell, doch vor allem psychisch um - die jede Erotik schnell vergessen werden lässt.

Denn je mehr Hauptakteur Alain in seiner Erinnerung kramt, desto tiefer blicken auch wir in die Abgründe der Teenage-Clique. Und plötzlich ist nicht mehr alles freie Liebe, Drogen und Langeweile. Plötzlich werden auf dem Laptop eines Lehrers, der sie beim Abschreiben erwischt, Kinderpornos versteckt, plötzlich gibt es Prostitution gegen USB-Sticks und Ferngläser in einem Jugendcamp und plötzlich wird klar, wie sehr die vier Jugendlichen ihre etablierte Stellung als wohlhabender Teil Venezuelas ausnutzen und wie sehr sie alle anderen mit Füßen treten.

Dabei bleibt der Film trotz aller Härte sehr ruhig, oft langsam, manchmal leider sogar etwas langatmig. Und genau das kann ihm beim weniger geduldigen Zuschauer unter Umständen das Genick brechen. In den letzten Minuten von Jezabel - Sünden der Vergangenheit bekommen wir nämlich einen Twist serviert, der es in sich hat - bis dahin muss man aber leider erst einmal durchhalten. Denn gerade im letzten Drittel häufen sich Längen und auch das ein oder andere Logikloch, was den Finger manchmal bedrohlich über der Stop-Taste schweben lässt. Zwar bleiben auch nach der großen Drehung noch einige Fragen offen und nicht jedes Logikloch wird abschließend gestopft, aber insgesamt versöhnt das Ende mit vielem und macht aus Jezabel - Sünden der Vergangenheit eine absolut runde Sache.

Bildergalerie von Jezabel - Sünden der Vergangenheit (6 Bilder)

Details der Blu-ray:

Das Bild ist sehr schön und kontrastreich und spielt auf interessante Art mit den beiden Zeitebenen sowie der Tatsache, dass Teile der Handlung über Aufnahmen vom Camcorder der Hauptfigur erzählt werden. Auch der Ton kann sich sehen lassen, und hier ist einer der seltenen Momente, in denen tatsächlich zur deutschen Synchronspur geraten sei. Der spanische O-Ton kommt gerade bei einer ordentliche Heimkino-Anlage sehr dünn aus den Boxen, das wurde in der deutschen Fassung besser gemacht. Als Extras bietet die Scheibe den Trailer zum Film sowie einige weitere Trailer aus dem Hause Busch Media Group.

Cover & Bilder © Busch Media Group GmbH

Das Fazit von: Dan DeMento

Jezabel - Sünden der Vergangenheit ist nicht gerade ein Geheimtipp, hat mich aber doch positiv überrascht. Der Twist zum Ende funktioniert sehr gut, nicht weil er besonders überraschend käme, sondern weil er sehr konsequent umgesetzt ist und dadurch tatsächlich dazu anregt, den Film beizeiten ein zweites Mal in den Player zu werfen. In dieser Hinsicht kann man ruhig Vergleiche zu den "Großen" wie Fight Club, Memento oder Shutter Island ziehen. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten, denn der Weg bis zum großen Finale ist mitunter etwas steinig. Trotzdem ist Jezabel - Sünden der Vergangenheit definitiv einen Blick wert und lässt zumindest mich in Zukunft ein offenes Auge in Richtung Filmkunst aus Venezuela haben. Etwas ärgerlich ist die "erotische" Vermarktungsstrategie, die den ein oder anderen Zuschauer eher abschrecken als animieren dürfte. Aber dafür gibt es ja die Sofahelden.