No Looking Back
|
BEWERTUNG |
07.05.2022 von MarSDer Streit um das Sorgerecht artet nicht selten in eine hässliche Schlammschlacht aus. Im Thriller No Looking Back - Ohne Rücksicht auf Verluste des russischen Regisseurs Kirill Sokolov (Why Don´t You Just Die!) sind die Bandagen allerdings noch etwas härter als üblich...
Inhalt
Nach vier Jahren im Gefängnis gibt es für Olga (Victoria Korotkova) nur ein Ziel: Sie will ihre Tochter Masha (Sofia Krugova) zurückbekommen und ihr ein neues Leben ermöglichen. Doch Masha lebt bei ihrer Großmutter Vera (Anna Mikhalkova), und die denkt gar nicht daran, ihre Enkelin ihrer missratenen Tochter zu überlassen. Kurzerhand entführt Olga ihre Tochter, und macht sich mit ihr auf den Weg in die erhoffte Zukunft. Gemeinsam mit Olgas Ex-Freund Oleg (Alexander Yatsenko), einem Polizisten, macht Vera erbarmungslose Jagd auf ihre eigene Tochter, um Masha mit allen Mitteln wieder zu sich zurückzuholen...
Ein wichtiger Hinweis vorab: Auch wenn es sich bei No Looking Back - Ohne Rücksicht auf Verluste um einen russischen Film handelt, der sogar mit staatlichen Fördergeldern finanziert wurde, so wollen wir hier weder politische Aussagen treffen, noch das aktuelle Geschehen auf unsere Kritik Einfluss nehmen lassen. Wir betrachten Kirill Sokolovs zweiten Langfilm lieber als das, was er ist: Ein Film. Dennoch sollte an dieser Stelle zumindest erwähnt werden, dass Sokolov selbst Angehörige in der Ukraine hat, mit seinen Werken stets auch gesellschaftliche Probleme innerhalb Russlands anprangert, sowie sich bereits mehrfach gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen hat...
No Looking Back - Ohne Rücksicht auf Verluste ist ebenso Actionthriller, wie Familiendrama, ist ebenso satirisch überspitzt, wie emotional tiefgängig, ebenso gesellschaftskritisch, wie blutgetränkt. Nach seinem Überraschungs-Hit Why Don´t You Just Die! zeigt Kirill Sokolov erneut, dass er ein Händchen dafür hat, aus einer eigentlich simplen Geschichte einen extrem unterhaltsamen Film zu zaubern, wobei man ganz klar festhalten muss, dass No Looking Back - Ohne Rücksicht auf Verluste deutlich zahmer und weniger schräg ausgefallen ist. Was jedoch nicht bedeutet, dass es nicht auch dieses Mal in so manchem Moment ordentlich zur Sache geht, und dabei nicht an Blut oder Gewalt gespart wird - nur eben nicht ganz so exzessiv. Vor allem aber konzentriert sich Sokolov in seinem zweiten Langfilm auf eine unter einem bemerkenswert schlechten Stern stehende Mutter-Tochter Beziehung (beziehungsweise gleich zwei, denn immerhin treffen hier gleich drei Generationen aufeinander), sowie die selbstzerstörerische, destruktive Natur des Menschen, inklusive völlig widersinnigen Konfliktsituationen, nicht nur innerhalb der eigenen Familie, sondern auch mit den staatlichen Behörden. Ein großes Lob geht an dieser Stelle an die Darsteller, die einfach perfekt mit ihren Rollen harmonieren. Hervorzuheben ist dabei allerdings die Dynamik zwischen Victoria Korotkova und Filmtochter Sofia Krugova, die einfach ein herrlich ungleiches Team abgeben, und sich weder im verbalen Schlagabtausch, noch in ihrer zynischen, bissigen Charakterisierung, in irgendetwas nachstehen. Eingebettet ist das Ganze in eine Art Roadtrip, in dessen Verlauf man als Zuschauer nicht nur einen ausführlichen Einblick in die Charaktere, sondern auch die zugrundeliegenden Umstände erhält, während die Erzählung dank geschickt eingebetteter Rückblenden eine ansprechende Spannungskurve aufzubauen weiß. Etwas aufgelockert wird die Geschichte im Verlauf unterdessen nicht nur von den bereits erwähnten Gewaltspitzen, die teilweise sehr skurril beziehungsweise absurd wirken, sondern auch durch zahlreiche humorvolle Momente, die vor allem aus derben Dialogen und spitzen Kommentaren bestehen. Abgerundet wird No Looking Back - Ohne Rücksicht auf Verluste schließlich von kritischen Untertönen sowie sehr emotionalen, regelrecht gefühlvollen Facetten, die sich subtil innerhalb der turbulenten, überzeichneten und durchwegs unterhaltsamen Erzählung verstecken.
Details der Blu-ray
Auf Grund des massiven Stilmitteleinsatzes der Produktion erweist sich das Bild der Blu-ray als gewöhnungsbedürftig. Die Schärfe ist schwankend und offenbart vor allem in weitläufigeren Aufnahmen ihre Problemzonen, die Farbgestaltung ist stark stilisiert und überkontrastiert, und eine deutliche Körnung in Verbindung mit teils ausgeprägtem Rauschen lässt das Ganze insgesamt recht schmutzig wirken. Nicht schön, aber zweckdienlich. Die Tonspur ist ähnlich zweigleisig ausgefallen und präsentiert zwar eine schöne Dynamik und räumfüllenden Score, bleibt ansonsten aber auf Frontbereich der Surroundanlage. Lediglich der Subwoofer darf immer wieder kräftig mitarbeiten, während die Dialoge durchwegs gut verständlich wiedergegeben werden.
Details des Mediabooks
Das Mediabook (#25 der Pierrot Le Fou Uncut Reihe) ist komplett mit einem Hochglanzfinish versehen. Das Cover zeigt die vier zentralen Figuren des Films als Comicmotiv im Grindhouse-Stil, während auf der Rückseite die üblichen Details und Infos aufgedruckt wurden. Der Innendruck des Mediabooks besteht aus einem aufgeteilten Szenenmotiv des Films, welches hinter der DVD Masha, und hinter der Blu-ray Olga offenbart. Das 24-seitige Booklet ist passend zum Covermotiv auf Hochglanzpapier gedruckt, und beinhaltet interessante Hintergrundinformationen, Szenenbilder, vom Film inspirierte Begleittexte, sowie ein Interview mit Regisseur Kirill Sokolov, alles entstanden in Kooperation mit dem DEADLINE Filmmagazin. Als zusätzliches Gimmick enthält das Mediabook zudem ein großformatiges Poster zum Film, erneut im Grindhouse-Stil mit Comicmotiv. Das Mediabook ist außerdem limitiert auf 2.500 Exemplare und wurde auf dem Backcover serialisiert. Cover & Bilder © Neue Pierrot le Fou / Produktfotos: www.sofahelden.de Das Fazit von: MarS
|
|
Kommentare[X]