The Lady in the Car with Glasses and a Gun
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BEWERTUNG |
08.03.2017 von Beef SupremeAch ja, die 70er. Die Röcke waren kürzer, die Brillen größer und die Dachschäden ehrlicher. Da gab’s noch nicht so einen Schrott wie Laktoseintoleranz oder glutenfreies, politisch korrektes Hefeteiggebäck in Form eines geschlechtslosen Wesens. Hatte man da einen an der Klatsche, dann war das auch so. The Lady in the Car with Glasses and a Gun, jesses, was für ein Titel, besinnt sich auf die guten alten Zeiten und zeigt, dass man auch ohne geistige Gesundheit Spaß haben kann.
Der Film mit dem zungenschmeichelnden Namen folgt Dany Dorémus, einer zugeknöpften Sekretärin, die eigentlich ziemlich scharf ist, aber von Selbstzweifeln zerfressen wird. Gelegentlich stellt sie sich gerne vor, wie ihr Chef sie mal so richtig zum Diktat bestellt. Eines Tages soll sie ihn und seine Familie zum Flughafen kutschen und danach die Schüssel zurück bringen. Sie entschließt sich aber dagegen, das Auto brav wieder in die Einfahrt zu rollen, weil sie schon immer mal das Meer sehen wollte. Also anstatt zurück nach Paris geht’s in den Süden auf einen spontanen Road Trip ans Gewässer. Gar nicht mal so dumm, würde sich nicht nach und nach der Eindruck verfestigen, dass Dany so langsam wahnsinnig wird. Egal wo sie aufschlägt, sie scheint schon mal dagewesen zu sein, da sie Leute erkennen. Nur kann sie sich nicht mehr so wirklich daran erinnern. Anfangs noch Zufall häufen sich diese Vorkommnisse mit steigender Kilometerzahl bis Dany selbst anfängt, an ihrem Verstand zu zweifeln.
TLitCwGaaG verschleiert die Richtung in die es gehen soll, ziemlich gut. Beziehungsthriller? Road Movie? Demenzdrama? Man weiß es nicht und der Film rückt auch mit der Info darüber erst sehr spät raus. Macht aber nix, wenn man bereit ist, sich auf Unbekanntes einzulassen, stellt sich der Film mit dem ewig langen Titel als spannend und unvorhersehbar heraus. Hier trifft 70er-Flair auf ruhige Bilder, die von einem genialen Soundtrack untermalt werden. Danys bröckelnder Geisteszustand wird auch sehr gut eingefangen, einerseits durch überraschende Schnitte und gelungene Kameraführung, andererseits erneut durch fantastische, atmosphärische Synthie-Sounds, die genauso gut die akustische Untermalung eines Drogentrips sein könnten. Stilistisch macht der Film alles richtig, da gibt’s nix zu diskutieren. Auch die Spannung wird konstant hochgehalten, da der der Streifen bis zum Schluss nicht raus lässt, was real ist und was nicht. Ist Danys Reise überhaupt echt? Manche Zwischenschnitte lassen das Gegenteil vermuten, sehr gelungen. Nur schade, dass die Auflösung ziemlich plump serviert wird, nachdem der Film sich über die ganze Laufzeit solche Mühe gegeben hat, ein cleveres Konstrukt aus Zweifeln und Fragen aufzubauen. Und wenn man wollte, könnte man noch die Glaubwürdigkeit dieser Auflösung ankreiden, da sie doch etwas weit hergeholt und höchst unwahrscheinlich erscheint, worauf ich aber nicht weiter eingehen kann, ohne zu spoilern. Nur so viel, das Ende hätte eleganter gestaltet werden können, um dem Rest des Films gerecht zu werden.
Handwerklich gibt’s hier rein gar nichts zu meckern. Das Bild ist sehr gelungen, die Farben sind sehr warm, was an die Filme aus damaliger Zeit erinnert und eine stimmige Atmosphäre erzeugt. Auf künstliche Scanlines oder Bildfehler wurde glücklicherweise verzichtet. Der Sound, wie bereits angesprochen, ist über jeden Zweifel erhaben und erzeugt eine enorm dichte Atmosphäre. Das gilt für den Score, wie auch für Effekte und Synchronisation. Es kommt nicht oft vor, dass Schmerzensschreie so überzeugend performt werden. Cover & Bilder © Tiberius Film Das Fazit von: Beef Supreme
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