Videoman - VHS is Dead
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BEWERTUNG |
03.09.2020 von Dan DeMentoOb man will oder nicht, die 80er sind zurück. Musikgrößen produzieren Synth-Pop-Alben, The Hoss ist wieder auf Tour und Serien wie Stranger Things und Filme wie Summer of 1984 ziehen einen Gutteil ihres Charmes aus der Ästhetik dieser quietschbunten Ära. Auch das neue Werk Videoman - VHS is Dead des Schweden Kristian A. Söderström schwimmt voll auf dieser Welle mit. Aber hat der Film noch mehr zu bieten als Keyboard-Sound und Nylonjacken? Wir haben es überprüft...
Inhalt:
In den 80er und 90er Jahren war Ennio (wie Morricone) Midena (Stefan Sauk) der König des VHS-Marktes und Inhaber der besten Videotheken Schwedens. 2017 ist er arbeitslos, pleite, Alkoholiker und steht kurz vor der Räumungsklage. Was geblieben ist, ist die Sammelleidenschaft und die Liebe zur VHS-Kassette. Entsprechend groß ist seine Freude, als er über eine Kleinanzeige auf eine extrem seltene Ausgabe von "Zombie" stößt. Obwohl er das Tape eigentlich nie wieder hergeben möchte, ändert er doch seine Meinung, als die Internet-Legende "Faceless" ihm dafür 10.000 Euro bietet. Ennio sieht sich schon im siebten Himmel und all seine finanziellen Probleme überwunden. Doch dann wacht er am Morgen danach aus seinem Rausch auf, und die Kassette ist verschwunden...
Es ist schwer Videoman - VHS is Dead einem exakten Genre zuzuordnen. Gedacht war er wohl ursprünglich als Thriller, er bietet aber - wie bei den Schweden üblich - einige skurril-komödiantische Momente und hin und wieder einige Flashbacks und Montagen, die schon fast an den französischen Kunstfilm der 60er erinnern. Diese Kombination würde aber sogar noch ziemlich gut funktionieren, hätte Autor und Regisseur Kristian A. Söderström nicht beschlossen, noch ein weiteres Fass aufzumachen und dem Film durch die - ebenfalls alkoholabhängige - Simone (Lena Nilsson) noch eine absurde Liebesgeschichte zu bescheren.
Vieles in Videoman - VHS is Dead funktioniert wirklich gut. Der Soundtrack, die - allesamt in den 80ern hängengebliebenen - Figuren und natürlich die allgegenwärtigen VHS-Filme geben dem Film eine anachronistische Optik, bei der man sich trotzdem - dank Smartphones, Instagram und den wenigen "normalen" Menschen im Film - stets bewusst ist, dass er 2017 spielt. Doch leider hat man schon nach einigen Minuten das Gefühl, dass Söderström sich auf genau diese Prämisse und die - ohnehin schon nicht sonderlich innovative - Idee "Wertvoller Film wird gestohlen und muss wiedergefunden werden" verlassen hat, und darüber hinaus nicht viele Ideen hatte.
So wirkt ein Großteil des Films unlogisch, konstruiert oder schlicht unnötig. Während der Handlungsstrang mit der Liebesgeschichte anfangs noch einen gewissen Reiz hat, übernimmt sie irgendwann aber leider komplett, so dass die Suche nach der verschwundenen Kassette komplett im Hintergrund verschwindet. Das wäre ja grundsätzlich zu verkraften, wenn aber buchstäblich das Leben und die Existenz der Hauptfigur von diesem Tape abhängt, ist diese Verschiebung der Prioritäten doch eher unwahrscheinlich.
Doch auch ohne diesen Einfluss ist der "Kriminalfall" nur mit einem permanenten Kopfschütteln ertragbar. So zieht Ennio von Anfang an vollkommen absurde Schlüsse, verdächtigt Filmsammler, die er seit Jahren nicht gesehen hat und erstellt Listen, die nicht mal mit viel Liebe zum Film irgendeinen Sinn ergeben. Als er dann nach fast einer Stunde Film doch mal auf die naheliegende Idee kommt, denjenigen zu verdächtigen, der nicht nur von dem Film wusste, sondern in der Nacht des Diebstahls auch noch in seiner Wohnung war, stellt er ihn innerhalb von einer Minute, um ihn dann nach einer äußerst halbherzigen Unschuldsbeteuerung wieder ziehen zu lassen.
Und selbst, wenn wir dem Autoren so weit entgegenkommen, all diese Logiklöcher, Fehler und inszenatorischen Schwächen darauf zu schieben, dass es ein Symbol für den Alkoholismus der beiden Hauptfiguren, den Verlust des Bezugs zur Realität oder was auch immer sind, dann zeigt doch spätestens der Schluss des Films, dass er schlicht und einfach selbst nicht wusste, wie er aus dieser Nummer wieder rauskommen soll.
Und auch schauspielerisch hat der Film nicht allzu viel zu bieten. Dieser Eindruck wird zwar auch durch die teilweise unterirdische deutsche Synchronisation verstärkt, aber die emotionale Breite von Hauptdarsteller Stefan Sauk ist doch sehr überschaubar, während die Mimik von Lena Nilsson locker noch für zwei andere Schauspieler gereicht hätte. Ein winziger Lichtblick im Cast ist Martin Wallström, bekannt aus Mr. Robot. Er spielt hier zwar letztlich genau dieselbe Rolle wie in besagter Serie, aber das macht er nun mal sehr gut.
So bleibt abschließend zu sagen, dass Videoman - VHS is Dead zwar einige Schauwerte und amüsante Bezüge zu Filmfreaks im Allgemeinen bietet, darüber hinaus aber leider nicht viel. Schade drum, aus diesem Setting hätte man definitiv mehr machen können.
Details der Blu-ray:
Das Bild ist recht aufdringlich in einer 80er-Jahre-Optik gehalten, weswegen die Blau- und Violett-Töne klar überwiegen. Ansonsten sind Bild und Ton gut ausgesteuert und frei von Fehlern. An Bonusmaterial gibt es lediglich einige Trailer. Cover & Bilder © Tiberius Film Das Fazit von: Dan DeMento |
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