Atomic Heart
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BEWERTUNG |
15.03.2023 von LorD AvengerIch-wäre-gerne-BioShock trifft I, Robot mit einer Prise von Far Cry - ist das eine Zutat zu viel oder die perfekte Mischung?
Inhalt
In einer alternativen Realität gewinnt die Sowjetunion den Zweiten Weltkrieg durch einen bahnbrechenden technologischen Vorsprung. In den 50ern ist diese Technologie ein Exportschlager und selbst die Vereinigten Staaten nehmen die verschiedenen Service-Roboter dankend in ihr Land auf. Als in einer sowjetischen Einrichtung allerdings etwas schief läuft und die Maschinen auf blutigste Art gegen die Menschen rebellieren, droht das neue Gleichgewicht der Welt aus den Fugen zu geraten. Major P-3 wird damit beauftragt den Vorkommnissen auf den Grund zu gehen und ihnen Einhalt zu gebieten, bevor sie an die Öffentlichkeit geraten. Buchstäblich zur Hand geht ihm ein Handschuh mit der integrierten KI Char-Les, die P-3 mit Wissen und Fähigkeiten wie Telekinese unterstützt.
Atomic Heart macht keinen Hehl daraus, dass es geradezu frech bei BioShock klaut - bzw. kann man es natürlich gutmütig als Hommage bezeichnen. Das Feeling kommt sofort in der spielbaren Anfangssequenz auf, noch bevor man überhaupt merkt, dass man sich in einer fliegenden Stadt befindet und auch später ist die Anlehnung an BioShock 1 so deutlich wie es nur geht - im englischen Originalton lässt der Protagonist sogar unverblümt das Wort "Rapture" fallen - der Name der Unterwasserstadt aus BioShock. Die Hommagen sind allerdings ein bisschen halbgar, weil sie die Haupthandlung lediglich einrahmen, über ihre Anspielung hinaus keinen Mehrwert bieten und absolut überflüssig sind - sieht man vom "Aha!"-Moment der Genre-Fans ab.
Davon abgesehen durchstreift man in erster Linie recht enge und verwinkelte Forschungseinrichtungen, die sicherlich entfernt an das Spielprinzip von BioShock erinnern, bei Weitem aber nicht dieselbe Atmosphäre mitbringen. Immerhin der schaurige Horror-Aspekt macht sich ganz gut, denn obwohl die sowjetischen Einrichtungen nicht so dunkel sind wie Rapture, so erfüllen die leblosen humanoiden Gesichter der Roboter ihre unheimliche Bedrohlichkeit genauso gut wie wir es aus I, Robot oder Alien: Isolation gewohnt sind - gerade wenn sie zielstrebig, aber völlig gelassen auf einen zumarschiert kommen. Ihre überall in der Spielwelt hinterlassene blutige Zerstörung tut ihr Übriges.
Die Stärke von Atomic Heart ist meiner Meinung nach ganz klar der Humor. Trotz der ernsten Thematik und Rahmenhandlung ist doch alles um den Protagonisten P-3 herum meistens eher so aufgezogen, dass es sich und das Spiel nicht sonderlich ernst nimmt. Ständig wird sich über zu bewältigende Videospielklischees aufgeregt und lustig gemacht, z.B. wenn es in einer Einrichtung erst in jeder Ecke Objekte zu suchen gilt, die das Voranschreiten ermöglichen oder wenn Türen mit Rätseln anstatt mit Codes gesichert sind. Die genervten Kommentare von P-3 und seine Diskussionen mit Handschuh Char-Les sind äußerst unterhaltsam.
Gameplay
Atomic Heart ist ein Egoshooter mit hohem Nahkampfwaffen-Fokus und Rollenspielelementen, wie zu craftenden Waffen & Ausrüstungen und einem Fähigkeitenbaum. Neben Axt, Schrotflinte, Kalaschnikov, Elektropistole und mehr gibt es auch, natürlich in Anlehnung an BioShock und deren Plasmide, Fähigkeiten wie aus dem Handschuh schießende Stromladungen, Eisstrahlen oder Telekinese. Alles ist durch das Sammeln von Elektroteilen sowie Finden von Blaupausen aufwertbar.
So verwinkelt die Einrichtungen sind, die den Hauptteil des Spiels ausmachen, so geradlinig spielen sie sich dennoch. Missionsmarker führen einen geradewegs zu den Orten, die als nächstes besucht werden müssen, um Durch- oder Ausgänge zu öffnen. Meistens ist der Weg durchzogen mit Robotern oder Mutanten, die es zu besiegen gilt oder mit diversen Rätseln, die mir persönlich mehr Spaß gemacht haben als das eigentliche Kämpfen. Selbst Türschlösser sind sehr abwechslungsreich gestaltet, während Stromkreise mit verschiedenen Leiterbahn-Puzzlen wiederhergestellt werden müssen oder man sogar oldschool Games wie Snake spielen darf (Ja, wie das Spiel auf den frühen Nokia-Handys) oder Kugellabyrinthe.
Ein Störfaktor ist in meinen Augen das "Far Cry"-Gameplay im Mittelteil. Die Einrichtungen sind mit einer Open World verbunden, die sich zu Fuß oder per Trabantfahrten erkunden lässt. Alle Straßen sind überrannt von diversen angriffslustigen Robotern und besiegt man diese, tauchen sofort fliegende Drohnen auf, die sie zu reparieren beginnen, was unendlich nervig ist und einen beständig dazu animiert, einfach nur möglichst schnell zum Zielort zu fahren. Auch die überall verteilten und sehr schlecht auszumachenden Überwachungskameras, die sofort Alarm schlagen, machen das Spielerlebnis nicht viel besser. Und wirklich interessante Dinge scheint es in der offenen Welt auch nicht zu finden geben - abgesehen von noch mehr Teilen und anderen Blaupausen. Gerne hätten sie die Zeit und Energie lieber in die Forschungseinrichtungen stecken dürfen, um sie spannender, gruseliger oder einfach nur markanter zu machen.
Grafik & Technik
Atomic Heart sieht gut aus. Gerade die an BioShock Infinite angelehnte Anfangssequenz hat die volle Aufmerksamkeit vom Design-Team bekommen und auch die Open World kann sich mit ihren markanten Statuen und Denkmälern sehen lassen. Die Einrichtungen hingegen erfordern mit ihren überwiegend engen Gängen - ähnlich wie Dead Space - nicht so viel Arbeit, bzw. lassen den Spieler zumindest nicht durch grafische Bildgewalt erblassen. Auch die Schadensdarstellung an Gegnern ist nicht gerade ausgereift, weil ein nicht-tödlicher Axthieb immer dieselben Kratzer an denselben Stellen zu hinterlassen scheint.
Cover & Bilder © 2023 Focus Entertainment Das Fazit von: LorD Avenger
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