Vor nicht ganz zwei Jahren erschien mit Darksiders – Wrath of War eine kleine Action-Adventure Perle. Was als weiterer God of War-Klon antizipiert wurde, entpuppte sich als Zelda für Erwachsene und hat es so richtig in sich gehabt. Die damals noch junge Spieleschmiede Vigil Games schmiss vor Kurzem den Nachfolger auf den Markt, der nun einem anderen Protagonisten folgt. Nach Krieg ist nun Tod der Held der Stunde. Kann der schmächtige Reiter es mit seinem gestandenen Bruder aufnehmen?
Krieg hat’s versaut. Er wurde nicht gerufen, ritt aber trotzdem los und trieb die gesamte Menschheit in die Vernichtung. Sein Bruder Tod aber kennt die Wahrheit und der lässt sich nicht lumpen. Um seines Bruders Namen reinzuwaschen, will er nicht weniger, als die Menschheit wieder aus der Nicht-Existenz zurückzuholen. Welch ein Widerspruch: Tod setzt alles daran, Leben in die Bude Erde zu bringen, damit der unschuldige Krieg wieder freikommt. Dabei wird er in eine große, semi-frei begehbare Welt geschleudert und es fällt auf, dass diese bedeutend größer ist, als das Reich in dem Krieg noch sein Unwesen treiben durfte. Glücklicherweise steht einem Verzweiflung, Tods Pferd, gleich von Anfang an zur Verfügung. In dieser Welt steht nämlich der Baum des Lebens, mit dem Tod die Macht erhalten soll, Leben zu bringen. Doch so leicht ist das aber gar nicht. Der Baum des Lebens ist nämlich von einer dunklen Macht, der Korruption, befallen, die die Einheimischen - eine Art riesige Zwerge, bekannt als die Erschaffer - nicht beseitigen können. Und schon kommt das erste neue Element zum Tragen: Nebenquests. Denn Tod kann zwar nur die Hauptstory abreißen, doch das wäre ziemlich langweilig. Die mit Liebe designten Charaktere versorgen Tod hin und wieder mit kleineren Nebenaufgaben, mit denen er sich Gold und Erfahrung verdienen kann. Wie schon bei anderen Vorbildern gesehen, wird dieser nämlich auch kontinuierlich in Form von Levelaufstiegen stärker. Das gepaart mit einem weiteren neuen Element, der Sammelwut, ergeben die auffälligsten Neuerungen im Darksiders Universum. Denn Tod ist nicht wie sein Bruder, auf ein Waffen-Set beschränkt, sondern kann neue aufsammeln und kaufen.
Dabei ist die Verteilung immer klar. Primärwaffen sind zwei Sensen und Sekundärwaffen sind entweder riesige Hämmer und Äxte oder kleine, schnellere Wolverine-Gedächtnis-Klauen. Dabei ergeben sich im Laufe der Zeit immer mehr Kombinationsmöglichkeiten, wie man dem korrupten Gegnerhaufen die Seelen raubt. Anfänglich durchstreift Tod das Tal des Steinvaters und kann theoretisch überall hin, doch nicht alle Gebiete lassen sich sofort betreten, da für manche Bereiche bestimmte Fähigkeiten oder Gegenstände nötig sind. Die Parallelen zu Nintendos Hyrule-Elferich sind nicht von der Hand zu weisen. Doch im Gegensatz zu Link ist Tod nicht stumm, nein überhaupt nicht. Wie schon Krieg ist auch Tod nie um einen bissigen Spruch verlegen, wobei aber auffällt, dass er insgesamt verbal etwas zahmer agiert. Doch Tods Verhalten macht ihn von Anfang an sympathisch und man versenkt seine Sensen richtig gern in des Feindes Fleisch. Abseits der abwechslungsreichen und sehr kurzweiligen Kämpfe ist auch viel Hüpf- und Laufarbeit zu leisten. Doch Tod steht voll im Saft und springt agil wie eine Elfe im Wind über Abgründe, rennt graziös wie eine Gazelle an Wänden entlang und hangelt sich Liszt-affengleich an Pfosten und Efeu entlang. Tod bewegt sich eine ganze Ecke schneller und fühlt sich viel leichter an, als sein kerniger und schwererer Bruder Krieg. Muss er ja auch, denn diese Architektenriesenzwerge müssen beim Design der Dungeons ordentlich einen gehoben haben, lassen sie doch öfter mal Boden weg. Diese Agilität merkt man auch im Kampf, wenn die wirbelnden Sensen einen furiosen Klingentanz auf den Bildschirm zaubern, der das Feindesgesindel in einem Mahlstrom aus Stahl zerhackt. Mit anderen Worten, die Choreografien sehen sehr gelungen aus und gehen auch leicht von der Hand, sodass es ein wahres Fest ist, entweder mit schnellem Sensenstreich oder mächtigen Hammerschwung die Gegner zu entleiben.
Die Welt, oder besser die Welten, in denen sich Tod bewegt, sind durchgängig wunderschön anzusehen. Obwohl grafisch nicht die neuste Technik, besticht das detaillierte und mit Liebe gestaltete Umgebungsdesign mit Farbenpracht, Abwechslung und detaillierter Architektur. Wiederholungen oder gar langweilige Gebiete gibt es eigentlich nicht, da sie sich alle stark voneinander unterscheiden. Auch die Dungeons sind sehr kreativ gestaltet und laden auch gerne zum Nachdenken ein, wenn eine Tür mal wieder versperrt ist. Tod ist mitnichten nur ein stumpfer Schläger, denn es darf durchaus auch mal gerätselt werden, sei es bei der Zielfindung von Quests, oder wie man an diesen verlockenden Schatz in 20 Metern Höhe rankommt. Generell wird Abwechslungsreichtum sehr groß geschrieben, architektonisch wie auch spielerisch. Denn Tod lädt auch gerne zum Lustwandeln und einfach nur Erkunden ein. Abseits der ganzen Quests gibt es auch einfach so viel zu entdecken, kleinere Sammelgegenstände, optionale Dungeons oder versteckte Gebiete. Darksiders 2 wird auf gar keinen Fall langweilig und man kann sich durchaus 30 Stunden aufwärts damit beschäftigen.
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Gerade im späteren Verlauf legt
Darksiders 2 richtig zu und fährt storytechnisch richtig große Geschütze auf, die einen stundenlang ans Gamepad fesseln. „Nur eben mal mit diesem fies leuchtenden Skeletttypen da reden. Nur noch kurz in das Dungeon rein. Nur noch diese Quest abgeben und dem Kerl zuhören, was er zu berichten hat.“ Und Zack! Sind schon wieder zwei Stunden verflogen, als wären sie nie da gewesen. Langzeitmotivation ist also gegeben, und zwar nicht zu knapp. Die Tatsache, dass Tod nun auch ständig seine Waffen tauschen kann, lässt auch noch die Sammelsucht ordentlich zuschlagen. In bester Diablo- oder Borderlands-Manier sucht man ständig nach besseren Waffen und Ausrüstungsgegenständen, um seinen ganz individuellen Tod, mächtig und todschick, in die Schlacht zu lenken. Dabei rückt diese Item-Sammelsucht nie so sehr in den Vordergrund, dass es vom Hauptspiel ablenkt. Auch an dieser Front macht Vigil Games Alles, wirklich Alles richtig. So sinnvoll wurde selten ein gutes Spielprinzip erweitert, ohne dass es erzwungen oder aufgesetzt wird.
So genug der überbrodelnden Lobeshymnen, jetzt muss auch mal etwas gemeckert werden. So spannend, lustig, fordernd und fesselnd Darksiders auch ist, perfekt ist es leider nicht. Gerade technisch sind hier einige Abstriche zu machen. Dass die Grafik etwas eingestaubt ist, kann man angesichts des wunderschönen Designs noch einigermaßen verschmerzen, doch Tearing, Pop-ups und aufrollender Boden müssen im Jahr 2012 echt nicht mehr sein. Zwar hat man eine sehr hohe Sichtweite in freien Gebieten, die einen wunderschönen, atmosphärisch ausgeleuchteten Horizont offenbaren, doch auf dem Weg zu diesem, „entrollt“ sich die Vegetation immer erst kurz vor Tods Füßen. Insgesamt nicht so schlimm, hätte aber besser gemacht werden können. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Ladezeit im Menü. Gerade bei den häufig aufgesammelten Gegenständen wechselt man des Öfteren dort hinein. Bis man erst einmal drin ist, vergeht aber einige Zeit. Auf Dauer nerven diese kleinen, aber häufigen Wartezeiten. Auch das Blättern innerhalb des Menüs wirkt sehr zäh und hätte schneller gehen können. Auch könnte man anmerken, dass der Schwierigkeitsgrad etwas zu leicht geraten ist. Trotz „Apokalyptisch“ - also dem schwersten Schwierigkeitsgrad - sind nicht alle Kämpfe wirklich fordernd. Doch das machen die coolen Bosskämpfe wieder wett, die wissen, wie sie Tod in sein Reich bringen.
So das war’s auch schon. Nun wieder zu den sonnigen Seiten. Dem Soundtrack zum Beispiel. Und der ist einer der Schönsten, der mir dieses Jahr zu Ohren gekommen ist. Er hätte durchaus aus der Feder von einem Hans Zimmer stammen können und klingt, groß, mächtig, majestätisch, episch, atmosphärisch, mehr fällt mir nicht ein. Aber er hätte durchaus auch im Herrn der Ringe Platz gefunden. Die Stimmen sind ebenso über jeden Zweifel erhaben. Trotz der gelungenen Lokalisierung empfehle ich beim englischen Original zu bleiben, haben hier die Stimmen doch noch mehr Charme. Gerade Tods sonores Gebrummel, oder der schottische Akzent der Erschaffer sind ein Fest für das Lauschwerk.
Cover & Bilder © THQ Nordic
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