Im Schein des Sichelmonds
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BEWERTUNG |
12.02.2024 von 2-PL4Y3R5Ihr werdet versetzt ins 10. Jahrhundert und übernehmt die Rolle rivalisierender Mächte im Nahen Osten. Diplomatie und Konflikte stehen an der Tagesordnung. Welche Rolle wirst Du übernehmen? Wirst Du als Kriegsherr durch die Lande ziehen und nur Leid und Verwüstung hinterlassen? Möchtest Du als Scheich deine religiösen Ansichten verbreiten und Einfluss auf die Bevölkerung nehmen? Wirst Du als Sultan neben Stützpunkten und Burgen auch Dörfer und Städte errichten und den Markt kontrollieren? Oder ganz entspannt als Kalif in deinem Palast sitzen und dich auf deinem Geld ausruhen? Mit fünf Spielern, darf auch jemand Nomade spielen und seine Truppen als Söldner anderen Fraktionen gegen Bezahlung zur Verfügung stellen. Im Schein des Sichelmonds ist ein extrem asymmetrisches Gebietskontrollspiel mit zentralen Verhandlungselementen und damit eine wirkliche Besonderheit!
Das Material und die Vorbereitung
Das Spielmaterial ist von sehr hoher Qualität, besonders hervorzuheben sind die Fraktions-spezifischen Materialien, von denen fast alle aus Holz sind. Stützpunkte und Burgen kommen mit Aufdruck, eingezeichnete Fenster und Türen. Jede Fraktion hat einen hochwertigen Stoffbeutel, in dem sämtliches Fraktions-spezifische Material aufbewahrt werden kann. Sehr cool, wenn auch nicht nötig, weil der Beutel sonst keine weitere Funktion während des Spiels hat. Zusätzlich hat jede Fraktion auch eine vierseitige Rollenbeschreibung mit hilfreichen Informationen fürs erste Spiel und allen Sonderregeln der Fraktion (und das sind einige). Die Übersicht ist aus Pappe, also schön stabil, sehr sinnvoll, weil eben auch häufig benötigt.
Zu Beginn des Spiels wählt jeder Spieler eine Rolle/Fraktion und nimmt sich sämtliches Material - den entsprechenden Stoffbeutel also. Alles gut sortieren und offen vor sich auslegen. Alle Spieler müssen sich in eine bestimmte Sitzreihenfolge begeben, da die Zugreihenfolge durch die gewählte Rolle vorgegeben ist: Der Kriegsherr beginnt jede Runde, dann kommen Scheich, Sultan, Kalif und zuletzt der Nomade, falls eine 5-Spieler Partie gespielt wird.
Nun muss eine der in der Anleitung vorgegebenen Landschaften, abhängig von der Spielerzahl, gewählt und mittels sechseckiger Terrainplättchen auf der Tischmitte ausgelegt werden. In fortgeschrittenen Spielen kann dies auch zufällig erfolgen. Es gibt verschiedene Terrainplättchen. Die Art des Terrains entscheidet auch über das Einkommen für die kontrollierende Fraktion in den Einkommensphasen. Zudem gibt es Flüsse, welche nicht mittels einfacher Bewegungsaktion überquert werden können und ein natürliches Hindernis darstellen.
Neben dem Terrain, muss auch die Marktauslage vorbereitet werden: Die Plättchen für den fernen, mittleren und nahen Markt werden nebeneinandergelegt und jeweils darunter vier, drei bzw. zwei Karten von dem gemischten Machtkartenstapel aufgedeckt. Die Nähe des Markts bestimmt die Kosten der Machtkarte während des Spiels (6, 4 oder 2 Dinar). Zudem werden drei Karten auf den Markt des Sultans gelegt – hier kommen die Fraktionen nur über Verhandlung mit dem Sultan dran!
Zu Beginn des Spiels muss der Kalif dann noch entscheiden, wo er seinen Palast platzieren möchte, der Kriegsherr bekommt die Karte „Kriegsführung“ und der Scheich führt die Aktion „Plan schmieden“ aus. Jede Fraktion nimmt sich dann noch 5 Mondpunkte (die Siegpunkte im Spiel), die verdeckt aufbewahrt werden, und zusätzlich die entsprechenden Start-Dinaren – der Sultan zum Beispiel 16 Dinar, der Kriegsherr 3 Dinar, der Nomade geht leer aus. Ich denke es ist deutlich geworden, dass im Schein des Sichelmonds ein extrem asymmetrisches Spiel ist. Zuletzt wird die Zeit- und Phasenleiste mit den jeweiligen Markern ausgelegt, welche den Spielfortschritt verfolgen.
Das Spielziel
Alle Fraktionen haben zum Ziel am Ende der Partie die meisten Mondpunkte zu haben. Aber jede Fraktion erhält Mondpunkte für unterschiedliche Ziele, die natürlich angepasst sind an die Fähigkeiten der Fraktion. Beides sorgt auch dafür, dass nicht alle Fraktionen per se gegeneinander arbeiten, sondern eben Allianzen entstehen. Über Verhandlungen (und Intrigen?) sollte man versuchen die Oberhand zu gewinnen und seine persönlichen Ziele am schnellsten zu erreichen. Denn Ziele werden immer am Jahresende gewertet und das wiederholt, sollte man ein erfülltes Ziel, wie z.B. die Kontrolle über ein Terrain, nicht wieder verlieren.
Der Spielablauf
Der Spielablauf an sich ist sehr simpel. Im Schein des Sichelmonds wird über drei oder vier Jahre gespielt – hierauf einigen sich die Spieler zu Beginn der Partie, können sich also für ein kürzeres oder längeres Spiel entscheiden. In jedem Jahr gibt es zu Beginn etwas „upkeep“ inklusive einer Einkommensphase und am Ende eine Wertung. Dazwischen sind alle Spieler vier Mal der Reihe nach am Zug und dürfen jeweils eine Aktion ausführen. D.h. jede Fraktion hat insgesamt 12 oder 16 Aktionen, je nachdem ob ein kurzes oder langes Spiel gespielt wird.
Es ist jedoch relativ schwierig den flow des Spiels zu erklären, indem man die möglichen Aktionen erklärt, denn der flow kommt maßgeblich durch die Asymmetrie der Fraktionen zustande. Es gibt einige Aktionen, die fast jeder Fraktion zur Verfügung stehen, aber jede Fraktion hat zusätzlich mindestens eine Fraktions-spezifische Aktion, die nur dieser Fraktion zur Verfügung steht. Zudem wird nicht jede Fraktion alle Aktionen gleichermaßen ausführen, sondern sich automatisch mehr auf bestimmte Aktionen fokussieren, weil die Ausgansbedingungen / Startressourcen, die Möglichkeiten durch das vorhandene Spielmaterial (der Kriegsherr hat viel mehr Truppen), die ebenfalls Fraktions-abhängige „Qualität“ der Aktion (der Sultan kann mehr Befestigungen pro Aktion erbauen) und die Zielvorgaben und Siegpunktebedingungen die Strategien maßgeblich beeinflussen. Insofern ist es hier fast interessanter direkt zum Fazit zu springen und unsere Eindrücke von unseren ersten Partien zu erfahren. Denn diese extreme Asymmetrie ist gleichermaßen eine sehr coole Erfahrung, weil man sich wirklich mit seinen Rollen identifiziert und ins Spielgeschehen einfühlt (Immersion!), andererseits sorgt es auch dafür, dass sich jede Partie gleich anfühlt; als ob die Spieler vom Spiel gespielt werden und nicht umgekehrt.
An dieser Stelle wollen wir dennoch einen Überblick über die Aktionen geben. Insgesamt gibt es 11 Aktionen und zusätzlich 6 Fraktions-spezifische Aktionen, auf die wir hier nicht weiter eingehen wollen. Wie bereits angedeutet können nicht einmal alle Fraktionen die 11 gewöhnlichen Aktionen ausführen. Der Kriegsherr kann z.B. nicht erbauen, der Scheich nicht rekrutieren. Findet man sich in seiner Rolle zurecht, macht das auch alles wunderbar Sinn!
Da es sich um ein Gebietskontrollspiel handelt, drehen sich die meisten Aktionen darum sich in der Landschaft auszubreiten. Jede Fraktion hat hier unterschiedliche Möglichkeiten. Um die Asymmetrie zu verstärken, gibt es verschiedene Formen von „Gebietskontrolle“ und bestimmte Einheiten verschiedener Fraktionen können auch friedlich auf demselben Terrain koexistieren (und sogar voneinander profitieren). Im Schein des Sichelmonds unterscheidet Präsenz („habe irgendetwas auf dem Terrain“), Kontrolle („habe Truppen oder Befestigungen auf dem Terrain“; Kontrolle kann immer nur eine Fraktion haben!) und Einfluss („habe ein Einflussplättchen auf dem Terrain“; auch Einfluss kann immer nur eine Fraktion haben!). Der Kriegsherr will meist Kontrolle, während der Scheich mehr von Einfluss profitiert. Nun aber zu den Aktionen.
Über „Beeinflussen“ darfst Du ein Einflussplättchen auf ein Terrain legen, das von einem Terrain aus erreichbar ist, auf dem Du Präsenz hast. Das geht nur, wenn keine andere Fraktion bereits Einfluss auf diesem Terrain hat. Der Scheich hat hier einige Vorteile, denn er kommt Dir selbst dann in die Quere, wenn er Einfluss auf einem anderen erreichbaren Terrain hat, quasi zwei Felder weiter von dem Feld, auf dem Du Präsenz hast, wenn man so will. Dennoch kannst Du in jedem Fall einen Wettstreit um den Einfluss auf dem jeweiligen Terrain starten. Am Wettstreit können verschiedene Fraktionen teilnehmen, abhängig von der Spielsituation. Er verläuft über sieben Phasen, in denen Bündnisse geschmiedet, Machtkarten gespielt und am Ende der Einfluss ausgewertet wird, sodass ein klarer Sieger hervorgeht, der von nun an Einfluss über das Terrain hat.
Über „Angreifen“ kann eine beliebige Anzahl Truppen von einem Terrain auf ein erreichbares Terrain bewegt werden. Wenn sich dieses Terrain unter feindlicher Kontrolle befindet, wird ein Kampf ausgelöst. Kämpfe folgen einem ähnlichen Ablauf wie Wettstreits, es gibt acht Phasen. Auch hier können mehrere Fraktionen involviert sein, weil der Scheich auch über seinen Einfluss in den Konflikt eingreifen kann. Am Ende eines Kampfes können feindliche Stützpunkte und Burgen entweder eingenommen (ersetze sie durch die entsprechende Einheit deiner Fraktion) oder geplündert werden (erhalte Gold und als Kriegsherr direkt Mondpunkte, entferne dann Stützpunkt/Burg ersatzlos). Kämpfe sind sehr strategisch, denn letztlich entscheidet die militärische Stärke über Sieg oder Niederlage, also die Summe aus Truppen, Stützpunkten, Burgen und gespielten Machtkarten. Es gibt übrigens Machtkarten verschiedener Kategorien. Effekte von „Charakteren“ können während des Kampfes durch die Machtkarte „Ermorden“ aus dem Spiel genommen werden, sodass die Machtkarten hier eine entscheidende Rolle spielen können. Das ist letztlich die Unbekannte in der Gleichung.
Eine weitere Aktion ist das „Erbauen“, um Stützpunkte und Burgen zu errichten. Hier hat der Sultan einen großen Vorteil, er kann drei Befestigungen erbauen statt nur zwei und kann zusätzlich Dörfer und Städte errichten, die Einkommen generieren. Der Kriegsherr hat diese Aktion gar nicht zur Verfügung. Kosten und Voraussetzungen sind ebenfalls Fraktions-abhängig.
Mit „Bewegen“ lassen sich Truppen von einem Terrain zu einem erreichbaren Terrain bewegen, das nicht unter fremder Kontrolle steht (andernfalls wäre die korrekte Aktion „Angreifen“). Mit „Rekrutieren“ lassen sich Truppen von der Reservekarte (hier gibt es während des upkeeps unter Umständen regelmäßig Nachschub) der eigenen Fraktion auf Terrains verteilen, die nicht unter fremder Kontrolle stehen. Dies können nur Kalif, Kriegsherr und Nomade. Es gibt auch verschiedene Voraussetzungen für diese Aktion, je nach Fraktion und es müssen im Spielverlauf Soldaten und Söldner voneinander unterschieden werden. Im Spiel zu viert gibt es die Aktion „Söldner anwerben“, wodurch man für 2 bzw. 6 Dinar einen oder zwei Söldner aus dem Vorrat platzieren kann. Im Spiel zu fünft wird diese Aktion durch zwei andere Aktionen ersetzt, die es erlauben mit dem Nomaden zu interagieren und von diesem Söldner zu erhalten („Söldner bestechen“ und „Söldner anwerben“).
Mit der Aktion „Machtkarten kaufen“ darf man beliebig viele Machtkarten aus der Marktauslage kaufen, solange man die Kosten bezahlen kann. Das Interessante hier: alle Machtkarten sind den verschiedenen Fraktionen zugeordnet und die Kosten werden an die entsprechende Fraktion bezahlt. Tatsächlich ist die Anzahl der Machtkarten jeder Fraktion ungleichmäßig verteilt, was mit dem Einfluss der verschiedenen Fraktionen übereinstimmt und dafür sorgt, dass auch während des Spiels der Geldfluss asymmetrisch bleibt. Kaufst Du eine Machtkarte deiner Fraktion, zahlst du nur die Hälfte. Mit derselben Aktion kannst Du auch mit dem Sultan über Machtkarten auf dem Markt des Sultans feilschen. Der Sultan darf diese Karten gratis nehmen. Zuletzt lassen sich Machtkarten mit den Stichworten „Aktion“ und „Jederzeit“ über die Aktion „Machtkarten ausspielen“ spielen und abhandeln. Und der Vollständigkeit halber: Die Aktion „Sammeln“ erlaubt es dir 1 Dinar zu erhalten.
Zuletzt noch ein paar Worte zu den Wertungen. Am Ende eines jeden Jahres, wenn also jede Fraktion ihre 4 Aktionen ausgeführt hat, erfolgt eine Wertung. Jede Fraktion hat unterschiedliche Bedingungen, um Siegpunkte zu erhalten. Als kleine Hilfestellung gibt es sogar Fraktions-spezifische Ziele für das 1. Jahr, welche extra Siegpunkte in der ersten Wertung einbringen. So muss der Scheich nach Ablauf des ersten Jahres Einfluss auf einem Terrain mit fremder Siedlung haben oder der Kriegsherr 4 Truppen in einer Landschaft. Unabhängig vom „Ziel des 1. Jahres“ gibt es Mondpunkte am Ende jeden Jahres für dieselben, meist 3-5 primären Ziele und 3 sekundären Ziele, die aber für jede Fraktion anders sind. Das könnte so etwas sein wie „habe Kontrolle über eine Kette von mindestens 4 erreichbaren Terrains“ (Kriegsherr) oder „habe Einfluss auf das Heiligtum“ (Scheich) oder „habe mind. 5 Siedlungen/Befestigungen in beliebiger Kombination in der Landschaft“ (Sultan). Diese Beispiele sind jeweils 4 Mondpunkte wert. Der Kriegsherr ist eine Ausnahme und bekommt auch während der Aktionsphase direkt Siegpunkte für das Plündern von Befestigungen oder Siedlungen. Der Nomade nutzt bei der Wertung beliebig viele Dinare, um sie in Mondpunkte einzutauschen – er muss also während der Aktionsphase seine Söldner gewinnbringend an den Mann gebracht haben.
Spielmaterial
Material der Fraktionen:
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