Vera Cruz
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BEWERTUNG |
06.11.2022 von MarSNoch am Anfang seiner Karriere gelang dem US-Regisseur Robert Aldrich mit zwei Western der Durchbruch in Hollywood. Bereits mit Massai stellte er dabei erstmals die bis dato gängigen Genregrenzen auf den Kopf, bevor er mit Vera Cruz endgültig den Western-typischen Rahmen sprengte. Capelight Pictures spendierte Letzterem nun eine neu restaurierte Neuauflage auf Blu-ray im Mediabook...
Inhalt
Nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs macht sich der ehemalige Südstaaten-Soldat Benjamin Trane (Gary Cooper) auf den Weg nach Mexiko. Im zerrütteten Land, gebeutelt vom Regime Kaiser Maximilians und der Revolution unter Benito Juarez, erhofft sich Trane, wieder zu Geld zu kommen. Als er auf den Söldner Joe Erin (Burt Lancaster) trifft, schließen sich die beiden zusammen, was ihnen schließlich einen lukrativen Auftrag durch Maximilian (George Macready) einbringt. Gemeinsam sollen sie die Gräfin Marie Duvarre (Denise Darcel) sicher zum Hafen in Vera Cruz geleiten, um dieser die Fahrt nach Europa zu ermöglichen. Doch auf ihrem Weg finden Trane und Erin heraus, dass sich auf der Kutsche auch 3 Millionen Dollar in Gold befinden, und beschließen deshalb kurzerhand, ihren Auftraggeber zu hintergehen. Doch die beiden sind nicht die Einzigen, die ein Interesse an dem Gold haben...
Robert Aldrichs Vera Cruz hat eine reichlich turbulente Produktion vorzuweisen, die sich immer wieder auch im fertigen Film widerspiegelt. Das Drehbuch, basierend auf einer Geschichte des Autors Borden Chase, wurde beispielsweise nicht rechtzeitig fertiggestellt, und teilweise täglich vor Drehbeginn noch einmal überarbeitet oder gar erst geschrieben. Außerdem mischte sich Burt Lancaster, damals noch am Beginn seiner Karriere, massiv in die Regieanweisungen Aldrichs ein, begründet zum einen durch seine persönlichen Regieambitionen, zum anderen durch die Tatsache, dass Vera Cruz von Hecht-Hill-Lancaster produziert wurde - also der Produktionsfirma, die Burt Lancaster gemeinsam mit Harold Hecht und James Hill gegründet hatte. All das sorgte für eine Menge Unstimmigkeiten und Streitigkeiten auf dem Set, und führte letztendlich zu einem recht episodenhaften, überaus holprigen Endergebnis, das kaum eine klare Linie erkennen lässt. Zudem wurden die gerade einmal 90 Minuten mit jeder Menge Action vollgepackt, um die Unzulänglichkeiten des Drehbuchs zu überspielen - und natürlich auch, um Burt Lancaster in ein gutes Licht zu rücken. Ein schwieriges Unterfangen, ist es doch eben der von ihm gespielte Charakter, der hier am wenigsten Sympathien für sich verbuchen kann.
Und dennoch: Vera Cruz ist ein Meilenstein des Western-Genres. Nicht etwa, weil der Film ein besonders guter Western geworden ist, sondern viel mehr weil er teilweise wegweisend das Genre auf den Kopf stellte, und dabei in so manchem Bereich seiner Zeit ein ganzes Stück voraus war. So ist Vera Cruz beispielweise durchzogen von einer Menge Sarkasmus und bissigem Humor, dabei aber auch völlig frei von klassischen oder typischen Heldenfiguren oder den ernsten Untertönen, die das Genre bis dato geprägt hatten. Auch die genreüblichen Grenzen zwischen Gut und Böse sucht man hier vergeblich, ebenso wie die Western-Grundpfeiler von Ehre, Mut und Männerfreundschaften. Stattdessen präsentiert Robert Aldrich hier einen der - wenn nicht den - ersten Buddy-Movie, in dem zwei völlig unterschiedliche Charaktere zusammenfinden, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die gegensätzlichen Charaktere von Gary Cooper und Burt Lancaster bilder hier einfach die perfekte Basis für einige extrem unterhaltsame Sequenzen, die man zu diesem Zeitpunkt in dieser Form noch nicht gesehen hatte. Gary Cooper, bereits seit Jahren als minimalistisch agierender Held im Genre etabliert auf der einen Seite, und auf der anderen der dauergrinsende Draufgänger und schauspielerische Frischlings Burt Lancaster, dieses Duo muss man einfach ins Herz schließen. Angereichert ist Vera Cruz aber auch mit reichlich Verrat, Gier, intrigantem Verhalten und purem Egoismus, und steht damit auch erzählerisch in völligem Kontrast zu dem, was Westernfans zur damaligen Zeit gewohnt waren. Genau diese ungewöhnliche Mixtur macht Vera Cruz aber zu etwas ganz Besonderem, und zu einem grundlegend andersartigen Western. Letztendlich lieferte eben dieser völlig neuartige, und damals extrem mutige Anstrich den Startschuss für die erst später folgenden Italo-Western, denn erstmals durften Anti-Helden und amoralisch beziehungsweise unethisch handelnde Charaktere im Mittelpunkt eines Films stehen, und dem Zuschauer ohne Reue oder Gewissensbisse ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Details der Blu-ray
Im Gegensatz zur Erstauflage aus dem Jahr 2011, bei der das Bild kaum einen Unterschied zur bereits schlechten DVD erkennen ließ, wurde Vera Cruz für die Neuauflage noch einmal in 2K restauriert. Das Ergebnis ist zweifellos den bisherigen Auflagen überlegen, hat aber noch immer mit deutlichen Mängeln zu kämpfen. Während die meisten Closeups nun sehr scharf und ausgewogen darstellt werden, ist die Schärfe insgesamt eher auf überschaubarem Niveau, und fällt hin und wieder sogar komplett in sich zusammen. Ein starkes Bildrauschen wirkt sich zudem teils sehr störend auf den Filmgenuss aus, zeugt aber im Gegenzug auch davon, dass auf Filtereinsatz und Weichzeichner verzichtet wurde. Farbgebung und Kontrast liefern gute Werte. Die Tonspur liegt wahlweise in einer Dolby Digital 2.0 Mono oder PCM 2.0 Abmischung vor, und gibt sich dementsprechend komplett auf den vorderen Boxenbereich beschränkt. Während die Effekte dabei recht ansprechend wiedergegeben werden, ist die Sprachwiedergabe - typisch für eine so alte Produktion - eher dumpf und gänzlich frei von Dynamik.
Details des Mediabooks
Das Design des Mediabooks ist im Retro-Stil gehalten. Das Cover zeigt hier ein leicht abgewandeltes Postermotiv des Films, und ist insgesamt eher minimalistisch ausgearbeitet, während auf der Rückseite einfach eines der bekannten Filmplakate aufgedruckt wurde. Über der Rückseite findet sich ganz typisch für Capelight ein lose aufgelegtes Begleitblatt aus stabilem Material, auf dem die obligatorischen Inhaltsangaben und Details zu finden sind. Das gesamte Mediabook bietet ein mattes, sehr griffiges Finish, welches noch einmal den Retro-Look unterstreicht. Der Innendruck wiederholt die jeweils auf den Discs zu findenden Motive, und stellt im Gesamten das finale Duell der beiden Hauptcharaktere nach. Das 24-seitige Booklet besteht neben zahlreichen Szenenbildern und weiteren Filmplakaten aus einer Ansammlung von interessanten Fakten rund um den Film, zusammengestellt und verfasst von Ines Walk. Cover & Bilder © capelight pictures OHG / Produktfotos: www.sofahelden.de Das Fazit von: MarS
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